Naturfotografie versus Bett

Natürlich ist es einfach toll, wenn man an einem freien Tag ausschlafen kann. Fotografen fragen mich bei meinen Vortrag über meine Naturfotografie oder wenn sie in Ausstellungen meine Bilder sehen, wo ich dieses oder jenes Bild gemacht habe. Meine Antwort ist in vielen Fällen: Genau hier in dieser Stadt an dem und dem Ort.

Verdutzt schauen mich große fragende Augen ungläubig an. „Ja, aber da gehe ich doch auch immer hin!“ lautet die Aussage. Wenn ich nachhake, wann genau, also um welche Uhrzeit sie denn dorthin gehen, berichten mir die meisten Naturfotografen, dass sie so kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Sonne endlich hinter dem Hügel vorkommt und die Szenerie ansprechend beleuchtet wird beginnen zu fotografieren.

In jedem Lehrbuch der Naturfotografie wird empfohlen mindestens eine Stunde vor (!!) Sonnenaufgang vor Ort zu sein. Gelesen wird die Textpassage wohl, aber das Gelesene in die Tat umzusetzen…. Morgens in aller Frühe, wenn es dunkel ist und das Bett noch sooo schön warm ist… da wird dann selbst ein ansonsten eher bedächtiger Mensch sehr spontan und entschließt sich im Bett zu bleiben. Wer weiß schon ob es nicht bewölkt ist und gar keine Sonne zu sehen sein wird… da bleibt man lieber im Bett!

Ein besonderes Beispiel möchte ich entgegenhalten: Mein Blind Date mit einem Fuchs.
Die Stelle am Fluss habe ich mir bereits ausgesucht, denn bei meinen letzten Besuch im Morgengrauen hatte ich Meister Reineke bereits kurz gesichtet. Also war meine Hoffnung, dass er bei seiner morgendlichen Runde immer wieder an dieser Stelle vorbeischaut. Ich wartete mit schussbereitem Equipment auf den Revierbesitzer. Es dämmerte langsam und aus der Wiese stieg Nebel auf. Vom Fuchs weit und breit nichts zusehen. Rechts von mir rief ein Fasan lautstark, um seine Besitzansprüche gegenüber Rivalen zu dokumentieren. Natürlich saß er im dichten Gestrüpp und dachte überhaupt nicht daran, seinen Modeljob vor meiner Kamera anzutreten!

Augenblicke nachdem sich der Nebel gelichtet hat, schoss an meiner Kamera ein kleiner Federball vorbei und setzte sich auf den Weidepfahl gegenüber, um laut pfeifend sein Revier zu verteidigen. Danach ging er daran, an sämtlichen vertrockneten Grashalmen in Reichweite zu prüfen, ob sie zu Nistmaterial recycelt werden können. Er fand geeignetes Material und flog damit in eine Brombeerhecke, keine fünf Meter neben dem Weg auf dem ich stand! Kurze Zeit später flog er erneut zum Weidepfahl und zupfte an einigen Halmen und flog wieder zur Brombeerhecke. Er nahm immer wieder die gleiche Flugstrecke und landete auf seinem Lieblingspfahl. Ich brauchte nichts anderes zu tun als die Kamera auf diesen Pfahl zu richten, scharfzustellen und abzuwarten, wann er das nächste mal dort landet. Ich konnte einige Aufnahmen machen. Nachdem der Nestbau für diesen Morgen abgeschlossen war, endschied sich der kleine Kerl nochmal energisch singend auf sein Revier hinzuweisen. Anhand der Bilder versuchte ich zu Hause den kleinen Vogel zu bestimmen und kam zu dem Schluss, dass es sich wohl um eine Dorngrasmücke handelte, ein sogenannter Langstreckenzieher, den es im Winter, wenn hier zu kalt ist , in den Süden zieht. (OK, in diesem Winter hätte es sich der Vogel natürlich sparen können so weit zu fliegen!) Im Frühjahr werde ich mal sehen ob ich diesen interessanten Vogel wieder vor die Linse bekomme.

Die Moral der Geschichte ist natürlich nicht: Trau keinem unzuverlässigen Fuchs!

Aber das Herausquälen aus den warmen Federn hat sich gelohnt und es sind mit der Dorngrasmücke sogar Motivvorlagen für künftige Fotostrecken herausgekommen.

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